Mini-Marktgärtnerei

 

2018 – Ein neues Konzept: Marktgarten

In einer Marktgärtnerei (bio-intensiver Gemüseanbau oder engl. Market Garden)  lässt sich mit einfachen Techniken und auf kleinster Fläche effizient Gemüse produzieren. Dabei werden bodenschonende & bodenaufbauende Methoden in den intensiven Gemüsebau integriert: Handarbeit mit speziellen Gartenwerkzeugen, viel organisches Mulchmaterial, immer wieder eine Gründüngung und auch mal Abdecken mit Folie zur Unkrautbekämpfung. Da der Boden als lebendiges System begriffen wird, kommt konsequent hochwertiger Kompost zum Einsatz, um die Bodenstruktur zu verbessern und das Bodenleben zu fördern. Die in ihren Dimensionen standardisierten Beete haben eine Breite von 75cm, dazwischen befinden sich 45 cm breite Wege, die wir mit einer dicken Schicht aus Holzhäckseln mulchen.

Bei dieser Anbaumethode ist das Timing wichtig. Was wann wie ausgesät, vorgezogen, umgetopft, ausgepflanzt wird, richtet sich nach einem festen Plan. Die Planung erfolgt von hinten nach vorne. Am Anfang steht die Frage: Was will ich wann in welcher Menge ernten? Dann geht es die oben genannten Schritte bis zur Aussaat rückwärts. Wir interessieren uns für die Muster, den Planungsprozess, Anbaumethoden, Arbeitsabläufe, die „Vermarktung“. Wenn wir diese verstanden und praktisch auf kleiner Fläche erfolgreich umgesetzt haben, können wir das Ganze auf größere Flächen übertragen.

Im Herbst 2018 haben wir mit Hilfe der Teilnehmer*innen eines 72h Permakultur-Designkurses 32 Beete mit einer Länge von jeweils drei Metern angelegt, acht davon unter unserem neuen Folientunnel.

 

Die „Mini-Marktgärtnerei“ ist ein Projekt, das mit finanzieller Unterstützung des Fonds My PlayGreen  von der König-Baudouin-Stiftung umgesetzt wird.

 

2019 – Abundance im Marktgarten

In der Saison 2019 haben wir erste praktische Erfahrungen mit dem Marktgartenkonzept gesammelt.
Die Planungsarbeit für den Marktgarten beginnt bereits im Winter. Unser Ziel war es eine möglichst umfassende Versorgung unserer Veranstaltungsküche, aber auch die (Teil-)Selbstversorgung unseres Gartenteams durch urbane Landwirtschaft. Auch zum Thema Saisonverlängerung und Wintergemüse liefen ebenso Versuche im Folientunnel.

Im Januar 2019 traf sich der neue Arbeitskreis „Marktgarten“ um gemeinsam die insgesamt 33 standardisierten Marktgartenbeete sowie 3 Hügelbeete zu beplanen. Wir stöberten in Saatgutkatalogen zBsp dem von Bingenheimer, der viele wertvolle Daten enthält z.Bsp.n wie lange die Pflanzen zum Keimen benötigen, wann man sie am besten aussäht oder vorzieht und wann die vorgezogenen Pflanzen dann ins Beet kommen und wie lange es benötigt bis die Kulturen geerntet werden können. Das halt uns wiederum auch Folgekulturen zu planen und so die Beete das Jahr über bewachsen zu haben. Ein Blühstreifen in der Mitte lockert das Ganze auf und lockt die BestäuberInnen auf den Gemüseacker.

Als Gruppe teilten wir die Recherche und das Zusammentrage der Informationen auf und sammelten diese in einem Google Spreadsheet, also einer gemeinsam bearbeitbaren Excel-ähnlichen Tabelle. Neben den vielen BasisInfos zu den Pflanzen, Pflanzabständen, Kulturzeiten etc. gab es auch eine grafische Übersicht einen sogenannten Beetbelegungsplan, der uns grob aufzeigen sollte von wann bis wann welche Kultur in welchem Beet geplant ist, wann sie „theoretisch“ erntereif sein sollte und wann mit der Vorzucht von Folgekulturen begonnen werden kann.

Peace Of Land by Saskia Uppenkamp | Photographer

 

2020 – Die große Reflektion

Im Frühjahr 2020 traf sich das Team, bzw. die Menschen die noch übrig waren um das Marktgartenjahr 2019 zu reflektieren:

Anbauplanung – Planungsprozess – Anpassungsprozess

Anders als bei landwirtschaftlichen Betrieben ist in einem Gemeinschaftsgarten natürlich eine andere Organsationsform vonnöten um zeitnah Informationen auszutauschen. Je größer die Gruppe ist, desto schwieriger ist es den Überblick zu behalten was es zu tun gibt und wer was genau macht. Denn fühlt sich mal eine heiße Woche lang niemand fürs Gießen zuständig, ist die Ernte schnell dahin.
Wer gießt wann und auf welchem Beet? Wer übernimmt in welcher Woche das Unkrautzupfen und ganz wichtig wo wurde gedüngt? In unserem immer größer werdenden Spreadsheet gab es nun für jede Woche ein eigenes Tabellenblatt mit allen Infos was in dieser Woche zu tun ist: Pflanzen vorziehen, Planzen ins Beet auspflanzen, Ernten, Beikräuter jähten, mulchen, Jauche sprühen oder auch ernten. Jede*r von uns konnte also zu Hause angeben, wann Sie im Garten ist und sich selbst für bestimmte Aufgaben eintragen. Monatlich wechselnd war immer eine Person zuständig die Aufgaben zusammenzutragen und dafür zu sorgen, dass diese erledigt werden. Dies klappte nur die erste Jahreshälfte gut und wurde ab dem Sommer vielen zu anstrengend.

 

Marktgarten Orga KW20 2019

Hier ein Beispiel solch einer Kalenderwoche. Komplette Woche ansehen als PDF

 

Ernte – und Folgekulturen

Die sehr aufwendige und lange Vorarbeit hat sich dennoch gelohnt, denn wir hatten Gemüse, Salate und Kräuter im Überfluss. Zu Beginn unserer Planung war es unser erklärtes Ziel unsere Kurse und Workshops mit eigens Angebautem zu versorgen. Wir nahmen an, dass wir im Durchschnitt etwa 7 Tage im Monat für bis zu 25 Personen kochen würden. Tatsächlich hatten wir gerade im Sommer viele Kurstage mehr im Monat und hatten immernoch genug für die Veranstaltungsküche, für viele spontane gemeinsame Abendessen im Garten und für uns selbst für zu Hause. Zucchini und Mangold und Gurken hatten wir sogar soviel, dass wir sie an GartenbesucherInnen und Freunde weitergeben konnten.
Die Kulturenreihenfolge hat nicht gut geklappt. Vorkulturen gingen gar nicht oder zu spät auf.

Anders als bei wirtschaftlichen  Marktgärten haben wir nicht immer zu einem Zeitpunkt ganze Beete abgeerntet sondern wollten die Kulturen im Beet behalten bis wir sie verbrauchen. Das führte jedoch zu Konflikten oder Fragezeichen was die Folgekulturen anbelangte. Teilweise sähten wir diese dann einfach zwischen die Hauptkulturen. So verließen einige bereits irgendwie das Marktgartenkonzept bei dem ja auf einem Beet jeweils nur eine Kultur wächst. Auf anderen Beeten wurden frühzeitig Kulturen vorzeitig geerntet und Platz zu schaffen für die Folgekultur. das fanden wir aber auch nicht ideal.

Peace Of Land by Saskia Uppenkamp | Photographer
Peace Of Land by Saskia Uppenkamp | Photographer
Peace Of Land by Saskia Uppenkamp | Photographer
Peace Of Land by Saskia Uppenkamp | Photographer

 

Unser Marktgarten 2019 Fazit – Es gab eine Fülle und Vielfalt zu ernten aber es war sehr anstrengend und Orgaintensiv!

+ Ernteüberschüsse im Sommer gegen Spende an Gartenbesuchende abgegeben
+ Tolle Tomatenausbeute! lecker waren die!
+ Es sah toll aus und es war eine große Vielfalt vorhanden
– Einigen Menschen fehlte beim Marktgartenkonzept die Mischkulturen.
– der Planungs, Abstimmungs und Organisationsaufwand erschien uns sehr hoch, das Konzept daher nicht ideal für eine größere lockere Gruppe ohne feste gemeinsame Arbeitseinsätze.
– Zu viel Zucchini (8 Zucchini Pflanzen)
– Mehr Mangold als wir alle essen konnten / wollten
– Es lagen Anzuchtkartoffeln herum ohne Angabe welche Sorten. Kommende Saison bitte bestimmte Anzuchtkartoffeln (früh, mittelfrüh, spät) damit wir die Ernte zu Garten-Festen planen können.
– Für einige Kräuter war es wohl zu heiß und zu trocken: Dill, Koriander zBsp.
– Gurken wurden von Spinnmilben dahingerafft. Die Notfall-Maßnahme (Sprühen von Zwiebel-Sud) konnte nichts bewirken, auch weil viel zu viele Pflanzen auf zu engem Raum befallen waren. Spinnmilbern mögen es heiß und trocken. Bei hoher Luftfeuchtigkeit sterben sie. Gewächshaus-Gurken sind (laut Internet) deutlich eher betroffen als Freiland-Gurken.
– Gurken & Tomaten im selben Folientunnel waren laut Nesrin ein AnfängerInnenfehler. Dies sollten wir dies Jahr nochmal überdenken ob wir das anders lösen können. Zum Beispiel mit Freilandtomaten, die kein Dach benötigen.
–  Zwiebeln und Knoblauch fehlten. Sie sind vorteilhaft und unterdrücken in Mischkultur Pflanzenkrankheiten wie Mehltau und andere Pilze und sie finden Verwendung in der Küche.

 

Neustart 2020 – Gechilltes Gemüsegärtnern

Nachdem wir in einem Treffen unser Fazit von 2019 zusammengtragen hattenen, entschieden wir es im Jahr 2020 mit einer anderen Form von Planung und Kommunikation zu probieren, die unseren Bedürfnissen und Ressourcen besser entspricht. Wir wollten es einfach etwas lockerer angehen lassen und uns weniger mit vielen anderen abstimmen müssen. Aus dem Arbeitskreis Marktgarten wurde die Projektgruppe „Gechilltes Gemüsegärtnern“.

Planung und Vorbereitung

Wir trugen zunächst zusammen, wer welche Kulturen anbauen und oder ernten möchte. Caroline bereitete eine Liste aller Beete vor mit der Information welche Art von Hauptkultur in 2019 auf welchem Beet stand. Mithilfe einer 7 jährigen Kulturfolge, wie sie in diversen Marktgartenbüchern als Tabelle zu finden ist, listete Sie auf welche Pflanzengattungen nun in welchem Beet als Hauptkultur angesagt sind. So verteilten wir unsere Wunschkulturen auf die passenden Beete.

Peace of Land Fruchtfolge 2019 > 2020 als PDF

Auch sollte mehr mit Mischkulturen expirimentiert werden. So steht Salat neben Kerbel, Erdbeeren neben Knoblauch und Zwiebeln und so weiter. Genügen Mischkultur Inspirationen gibt es ja im Internet sowie in unzähligen Büchern.

Anders als im Vorjahr sind diesmal einzelne Personen oder auch 2er-Teams für eine Anzahl an Beeten zuständig, die sie bepflanzen und pflegen. Dennoch wollen wir unsere Ernten miteinander teilen um allen eine Vielfalt auf dem Teller zu ermöglichen, ohne dass sich Einzelne mit einer zu großen Anzahl unterschiedlicher Kulturen übernehmen. Denn jede Pflanze hat ihre eigenen Bedürfnisse, Keimzeiten und Dauer und Pflegebedarfe. Als Laien empfehlen wir sich pro Gartensaison mit einer hand voll Kulturen intensiver auseinanderzusetzen.

Expirimentieren mit Bewässerung

Der Folientunnel heizt sich im Sommer besonders schnell auf und da er überdacht ist muss er auch bei Regen bewässert werden. Hierfür kommt seit Juli 2020 ein sogenannter Perlschlauch zum Einsatz, der durchgängig porös ist also nicht einzelne Löcher besitzt. das hat den Vorteil, dass einzelne Löcher nicht verstopfen können. Darüber hinaus ist es vorteilhaft die Pflanzen so am frühen Morgen mit Wasser zu versorgen, bevor es zu heiß ist und die Verdunstung hoch. Da alle im Peace of Land Aktiven dies in ihrer Freizeit tun, ist es uns nicht immer möglich morgens auf dem Gelände zu sein zum Gießen. Gießt man abends schafft man jedoch ein ideales feuchtes Klima für die dicke braune Nacktschnecke.


Mitmachen im Gemüsegarten

Wer selber mit uns durchs Gemüsegartenjahr gehen möchte kann sich bei uns melden unter info@peaceof.land. Es empfiehlt sich entweder im Dezember / Januar mit der Saisonplanung einzusteigen oder aber im August / September für Alle, die sich mit Winterkulturen auseinandersetzen möchten.