Gastbeitrag von Isabel Batista: Abschied und Neubeginn

Gepostet am 15 November 2022 von Silke Meyer

Das PEACE OF LAND nimmt Abschied vom Blumenviertel in Berlin-Pankow und richtet sich auf einen Neubeginn aus


Foto: Isabel Batista

Der Zeitpunkt ist gekommen, Abschied vom PEACE OF LAND im Blumenviertel zu nehmen.

Nach der vorzeitigen Kündigung zum September mussten ganz schnell genügend Helfer organisiert werden, um den Auszug aus dem Permakulturgarten fristgerecht zu stemmen.

Die Bäume einschließlich des Waldgartens, die Teiche, alle Beete, die Komposttoiletten und das liebevoll hergerichtete Seminarhaus mit Küche müssen sehr bald einer Turnhalle weichen.

Ein paradiesisch schöner Ort wird dann einfach verschwunden sein.

Rückbau statt Zerstörung

Nichts, aber auch wirklich gar nichts, soll der Zerstörung preisgegeben werden. Deshalb heißt der große, sehr ambitionierte Plan: Rückbau.

An mehreren Tagen im September und Oktober wurden Freiwillige zur Mitarbeit gebeten. Am 2. Oktober war ich auch dabei und erlebte noch einmal diese besondere Energie, diesen Tatendrang der Menschen, die dort über Jahre hinweg ein Paradies für Mensch und Natur geschaffen haben.

Es gab einiges zu tun: Zum Beispiel das Verstauen der Küchenutensilien in Kisten, darunter riesige Töpfe und Pfannen, in denen einst dampfende Speisen gebrutzelt wurden.


Verpacken der Küchenutensilien · Foto: Silke Meyer

Vor noch gar nicht langer Zeit saßen die Gärtner*innen und Aktivist*innen zusammen und verteilten das Essen mit den großen Schöpfkellen auf die Teller. Kräuter, Gemüse und Obst stammten alle aus dem PEACE OF LAND. Genuss pur!

Wirklich alles aus dem Garten wurde verwertet. Entweder zubereitet und eingeweckt oder mindestens dem ausgeklügelten Kompost-System zugeführt. Ein wunderbares, lebendiges Kreislaufsystem.

Diesem Prinzip, alles zu verwerten und nichts zu verschwenden, folgen die PEACE OF LANDIES auch noch ganz bis zum Schluss.

Muss die Kunst wirklich weg?

Eigentlich fest verbaut, sollte auch die kunstvolle Flaschenwand im Seminarhaus nicht einfach so zurückbleiben.

Kunstwerk Flaschenwand · Foto: Isabel Batista

Sorgsam wurden zuerst einzelne Blöcke herausgebrochen, dann der Lehm vorsichtig von den blauen Glasflaschen abgeklopft.

Einst war die Flaschenwand mit viel Liebe, Sorgfalt und Hingabe aufgebaut worden. Dies wurde deutlich durch den nun aufwendigen Abbau.

Das Lehm-Stroh-Gemisch hatte eine so starke Klebkraft, dass beim Freiklopfen einige Flaschen zu Bruch gingen.

Mit jeder weiteren Flasche rollten wir die Geschichte stückweise zurück, denn was wir zum Ende hin abbauten, war einst der Beginn des Kunstwerks gewesen.

Alle geretteten Flaschen werden nun der Beginn einer neuen Geschichte sein.


Gerettete Flaschen · Foto: Isabel Batista

Ende des Seminarbetriebs

Über unseren Köpfen klopften und rumpelten derweil andere Helfer. Sie säuberten das Dach des Seminarhauses und lösten die dicken Schrauben.

Einst hatten diese Räume alles beherbergt: das Saatgut, die Werkzeuge, die Ernte und allem voran die Menschen mit ihrem Lachen und dem Willen, die Zukunft zu erträumen.

Hierher waren Gäste von überall angereist; aus unmittelbaren Nachbarschaft genauso wie aus fernen Ländern.

Sie alle hatten das gemeinsame Ziel, miteinander zu leben und zu lernen. Es wurde geredet, geplant, gestaltet, über Permakultur gelehrt und gelernt.

Mit den Rückbau-Helfern war jetzt noch ein letztes Mal Leben in der Bude.

Was wird aus all den Dingen?

Ganz nach dem Permakultur-Prinzip Nummer 6 – Erzeuge keinen Abfall – sollen möglichst viele Pflanzen, Gegenstände, Materialien und sogar die Container an andere Projekte weitergegeben werden.

Einiges davon geht an ein neues Waldgarten-Projekt in Rehfelde bei Berlin, anderes nach Pretschen und Lychen. Während die Komposttoilette in die SoLaWi GranDeliSee wandert, landen Container beim Projekt Jäckels Aufbruch. So wird möglichst wenig vom PEACE OF LAND als Abfall enden. Mehr noch: diese Dinge fördern als neue Saat das Aufkeimen von Wandelprojekten an anderen Orten.

Alles, was die Menschen vom PEACE OF LAND behalten wollen, aber nun keinen Platz mehr im Blumenviertel hat, wird in der Heinrich-Böll-Bibliothek im Mühlenkiez eingelagert.

Die meisten großen Pflanzen finden einen schützenden Unterschlupf in der Kulturmarkthalle. Dafür ein großer Dank an alle Verantwortlichen, die das möglich gemacht haben.

Foto: Silke Meyer

Wie geht es jetzt weiter?

In der Pause saßen wir um ein Lagerfeuer herum und aßen Pancakes mit Quitten-Birnen-Kompott und Kräutern aus dem Garten. Dabei lernten wir uns besser kennen und besprachen die nächsten Schritte.


Pancakes und mehr am Lagerfeuer · Foto: Silke Meyer

Wie es jetzt weitergehen soll, fragen sich alle, die das PEACE OF LAND und seine starken, engagierten Aktivisten in den letzten Jahren kennengelernt haben.

Alle Mitglieder und Freunde hoffen nun, dass die zugesagte Ausweichfläche im Mühlenkiez (Berlin-Pankow) schon bald genutzt werden kann.

Leider ist das versprochene Gelände sehr viel kleiner. Das PEACE OF LAND muss also völlig neu erdacht und geplant werden.

Dennoch ist der Wille von allen Beteiligten zum Weitermachen ungebrochen.

Zumindest für diesen Moment wird die große Trauer um ein geliebtes Stück Land noch zurückgedrängt. Die vielen Ideen für die Nutzung des neuen Geländes lenken davon ab.

Für mich persönlich ist dieser starke Wille eine große Inspiration und auch eine Aufforderung, mich weiterhin für den Wandel einzusetzen.

Nach dem Vorbild des PEACE OF LAND.

Isabel Batista ist Autorin, Schriftsetzerin und Softwareentwicklerin. Anfang 2022 machte sie sich selbstständig, um sich ganz dem Wandel zu widmen. Mit ihrem Debütroman „Die Systemwandler“ schreibt sie über die große Klimakrise und wie wir sie gemeinsam bewältigen können. Sie macht darin Hoffnung für eine Zukunft, in der nicht der Profit, sondern das Leben Vorrang hat. In ihrem Buch schrieb sie auch über das PEACE OF LAND und las im Juli 2022, während des letzten Sommerfests im Garten, interessierten Besuchern daraus vor. Mehr über sie und ihren Roman erfährst Du auf www.systemwandler.de. Dort kannst Du Dich auch für den Systemwandler-Newsletter anmelden.